Essbare Schutzfilme für Lebensmittel

Wenn Milch zu Käse verarbeitet wird, bleibt eine wässrige, grün-gelbe Flüssigkeit übrig: Molke. Getrocknete Molke, sogenanntes Molkepulver, enthält vor allem Milchzucker und hochwertiges Protein. In der Landwirtschaft wird es deshalb als Futtermittel eingesetzt oder als Zusatzstoff in der Lebensmittelproduktion. Eine weitere Anwendung wäre in der Lebensmitteltechnologie denkbar:

Ein Forschungsprojekt vom Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) untersucht, wie aus in Molke enthaltenen Proteinen sogenannte Fibrillen hergestellt werden können. Das sind wenige Nanometer lange Fasern aus Proteinen, die Emulsionen stabilisieren können oder auch hauchdünne, essbare Filme ausbilden, die Lebensmittel vor Oxidation schützen. Am CAU-Stand auf der Hannover Messe stellt die Arbeitsgruppe das Projekt in dieser Woche vor. Molke enthält eines der am besten charakterisierten Proteine: ß-Lactoglobulin (BLG). „Wir kennen seine Struktur und wissen exakt, wie es sich verhält. Außerdem ist es als Bestandteil von Molke extrem gut verfügbar“, betont Dr. Julia Keppler aus der Abteilung Lebensmitteltechnologie der CAU die Vorteile des Proteins, das im Fokus ihres Forschungsprojekts steht. Sie nutzt BLG, um daraus Fibrillen, amyloide Aggregate, zu bilden. Aufgrund ihrer besonderen Struktur und Oberflächenaktivität besitzen sie Eigenschaften, die für die Lebensmittelverarbeitung genutzt werden können. Momentan arbeitet das Projektteam mit flüssigen Grenzflächen und stabilisiert Schäume und Emulsionen. Das nächste Ziel ist es, lebensmittelverträgliche und biologisch abbaubare Filme herzustellen, die man zur Beschichtung von Oberflächen nutzen kann. Sie könnten zum Beispiel Lebensmittel vor Oxidation schützen. Dazu werden die aus dem Molkeprotein hergestellten Strukturen genau analysiert, zum Beispiel welche funktionellen Eigenschaften mit verschiedenen amyloiden Morphologien verknüpft sind. So erhält das Forschungsteam Informationen darüber, wie stabil die Aggregate bei der Verarbeitung sind, ob sich Emulsionen damit stabilisieren lassen oder wie stark die Produkte oxidieren. Um solche Molkenproteinfasern herzustellen, wird das Protein zunächst in saurem pH-Wert gelöst und anschließend für fünf Stunden in einem Wasserbad auf 90 Grad Celsius gehalten. Die ursprüngliche Struktur des Proteins wird so zerstört. Es entstehen kleine Peptide, die sich zu neuen Strukturen zusammensetzen – langen fadenartigen Gebilden, kleinen Kügelchen oder würmchenartigen Strukturen. Durch eine gezielte Prozessführung kann das Projektteam die gewünschte Ausprägung erreichen. Mit bloßem Auge oder unter dem Lichtmikroskop lassen sich diese Strukturen allerdings nicht beobachten. Rein äußerlich deutet nur die etwas viskosere, gelartige Lösung auf amyloide Strukturen hin. Das getrocknete Endprodukt ist ein feines weißes Pulver. Um seine Form und Funktion zu analysieren, nutzt das Forschungsteam ein breites Spektrum an Methoden. „Wir markieren zum Beispiel mit einem Fluoreszenzfarbstoff, der sich an bestimmte Strukturmuster bindet, sogenannte ß-Faltblätter oder messen mit Infrarotspektroskopie die Konformation der Proteine zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Prozess“, erläutert Keppler.

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