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Rattpack-Gruppe aus Vorarlberg in Österreich: Die Kraft aus dem Ländle

Die Rattpack-Gruppe mit Sitz in Dornbirn, Vorarlberg, gehört zu den Vorzeigebetrieben in der österreichischen Druck- und Verpackungsindustrie.
Das energetische Geschäftsumfeld im Dreiländereck Deutschland/Schweiz/Österreich prägt das Unternehmen. Rattpack hat kürzlich rund vier Millionen Euro investiert, um ein Verpackungs-Highspeed Center einzurichten. Teil dieses Investitionspaketes ist eine KBA Rapida 106-6-L, die erste KBA-Anlage am Standort in Dornbirn.


„Gehe nicht dorthin, wo der Puck ist. Gehe dahin, wo er hinkommen wird." Dieser Ausspruch von Eishockey-Legende Wayne Gretzky verdeutlicht die Geisteshaltung des Unternehmens. Bei Rattpack hat man sich seit der Gründung im Jahr 1953 durch Hugo Ratt offensichtlich an diese Strategie gehalten, mit den Stärken eines Familienunternehmens. Der Gründer verstarb leider viel zu früh und so musste 1965 sein Sohn Wolfgang Ratt von der Ausbildung an der Höheren Graphischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Wien kommend, das Ruder übernehmen. Heute wird das mittelständische Unternehmen in dritter Generation von den Brüdern Stephan Ratt (CEO) und Matthias Ratt (CFO) geführt und erwirtschaftet an neun Standorten mit 416 Mitarbeitern einen Umsatz von 62,5 Mio. Euro. Im Jahr 2005 betrug der Umsatz noch 15 Mio. Euro, was auf ein intensives Wachstum schließen lässt.
Wachstum und internationale Ausrichtung
Mit der Übernahme der Geschäfte durch Wolfgang Ratt begann die Wachstumsphase. Was 1953 mit der Verarbeitung von Graupappe begann, bekam 1965 durch die Investition in Hochleistungsmaschinen und in die industrielle Ausrichtung zur Herstellung von Faltschachteln und Zuschnitten eine neue Dimension. 1972 wurde der heutige Standort in Welloch/Dornbirn bezogen. Bis 2002 war die Herstellung von Verpackungen für pharmazeutische Produkte (Faltschachtel, Beipacktexte) der Unternehmensschwerpunkt. Man war einer der größten Hersteller in diesem Bereich in Österreich.
Die beiden „Jungen" haben dann begonnen, das Unternehmen internationaler auszurichten. Auslöser dafür war ein Gespräch mit einem der Großen der Pharmabranche. „Die haben dann unsere Preise gar nicht annehmen wollen, da wir mit einem Standort für die einfach zu klein waren", erinnert sich heute Stephan Ratt schmunzelnd. Expansion war also angesagt. Über einen neuen Vertriebsmitarbeiter stieg man in den Lebensmittelbereich ein und übernahm 2004 das Schweizer Unternehmen Stärkle Moser. 2006 erfolgte die Übernahme des stärksten Wettbewerbers im Pharmabereich, der Druckerei Eberle mit Sitz in Wien. Der ehemalige Besitzer ist noch heute für den Betrieb in Wien verantwortlich. Mit dieser Übernahme konnte man in Österreich flächendeckend agieren.
Flexible KBA Rapida 75E für Pharma
Seit 2011 produziert die Druckerei Eberle auf einer KBA Rapida 75E. Von ca. 40 g/m² für Beipackzettel bis zu Kartonagen mit 600-700 g/m² verarbeitet diese Maschine alle Bedruckstoffe. Dabei werden fast ausschließlich Schmuckfarben verdruckt. Die meisten Produkte sind Verpackungen für verschreibungspflichtige Arzneimittel und zwei- bis dreifarbig angelegt. Nur die Faltschachteln für Generika verfügen über eine höhere Farbigkeit. Beipackzettel werden bis zu 4/4-farbig bedruckt. Nach dem Falzen erreichen sie eine Stärke bis zu einem Zentimeter. Bis zu 25 Sprachfassungen enthält ein einziger Beipackzettel. Die Pharmaverpackungen sind dagegen nur einsprachig angelegt. Deshalb sind bei international verbreiteten Medikamenten bis zu 20 verschiedene Sprachvarianten erforderlich. Angesichts unterschiedlicher Packungsgrößen und -versionen müssen pro Medikament zuweilen 40 bis 50 verschiedene Faltschachteln produziert werden. Dabei sind chinesisch oder arabisch schon fast Routine, isländisch oder finnisch dagegen eher exotisch.

2006 folgte die Gründung der Rattpack Bulgaria in der Messestadt Plovdiv mit Produktionsschwerpunkt auf CD- und Tabakproduktion für lokale Anforderungen. Von dieser Beteiligung hat man sich zwischenzeitlich gelöst. Das bulgarische Unternehmen nutzt aber nach wie vor das Logo und ist in die Gruppe als Produktionsstandort miteingebunden.
Spezialisierung der Werke
„Die Übernahme von Multipack in Bayern war beinahe eine Nacht- und Nebelaktion", so Stephan Ratt. „Der Betrieb produziert im 6er-Format für den Lebensmittelmarkt im bayerischen Mindelheim und sollte verkauft werden. Wir haben uns dann binnen drei Tage für die Übernahme entschieden." Mit diesem Schritt begann auch die Spezialisierung der Werke. Wien wurde komplett für den Pharmabereich zuständig, Dornbirn für Lebensmittel und Großaufträge (Pharmazie) und Mindelheim für Lebensmittel, Molkereiprodukte und Kaschierungen.
2011 begab man sich mit der Übernahme der Druckerei Wieder in den Akzidenzbereich und übersiedelte das Unternehmen an den Standort Dornbirn. Relativ schnell musste man feststellen, dass Akzidenzdruck und Verpackungsdruck nicht korrelieren und lagerte die Akzidenzaufträge mittlerweile an die naheliegende Druckerei Wenin aus.
Im selben Jahr übernahm Rattpack das Vorstufenunternehmen DRS (Digital Repro Service) mit Sitz in Lustenau, das mittlerweile als Zentralrepro für die ganze Gruppe fungiert. DRS hatte zu dem Zeitpunkt auch ein PMS (Packaging Management System) im Einsatz, das als Bindeglied zwischen Markenartiklern, Druckerei und Werbeagentur dient. Dieses System erwies sich in weiterer Folge als überaus wichtig für die Rattpack-Gruppe und deren Kommunikation mit den Kunden. DRS erwirtschaftet dennoch 50 Prozent der Umsätze mit Auftraggebern, die nicht zur Gruppe gehören.
Die aktuellste Investition ist eine Beteiligung an dv-b in Deutschland, ebenfalls ein Familienbetrieb, der sich mit Kaschierungen (im 6er-Format) beschäftigt und wohin auch die bestehenden Kaschieranlagen zwischenzeitlich übersiedelt wurden.

Ein besonderes Augenmerk verdient ein 2008 gegründeter Betrieb im deutschen Apolda. Er hat das Ziel, bei einem Pizzahersteller direkt vor Ort die benötigten Pizzaverpackungen zu produzieren. Mit ein Grund für diese clevere Entscheidung waren die gestiegenen Frachtkosten für hochvolumige Verpackungen, die schon 4 Prozent des Auftragswertes ausmachten. „Das Konzept funktioniert hervorragend und hat sich von Beginn an bewährt", so Stephan Ratt.
Wie kam man zu den Unternehmen? „Nun, wir sind ein sehr offenes Unternehmen und begegnen unseren Wettbewerbern auf Augenhöhe, mit Respekt und kommunikativ. Wir sind für professionelles Arbeiten bekannt und man weiß in der Branche, dass Rattpack wachsen möchte", meint Stephan Ratt. So kam man zu den genannten Beteiligungen und Übernahmen. Wichtig sei in diesen Jahren ebenso die Unterstützung durch die beiden Hausbanken gewesen, ohne die so manche schnelle Entscheidung nicht hätte getroffen werden können.
Breites Produktportfolio
Rattpack ist heute beim Produktionsportfolio gut und breit aufgestellt. 31 Prozent der Umsätze erwirtschaftet man mit Faltschachteln, 20 Prozent mit Zuschnitten, 19 Prozent mit kaschierter Welle und 18 Prozent mit Beipackzetteln. Der Rest verteilt sich auf Displays, Service Druckvorstufe, Akzidenzen und Etiketten. In nackten Jahreszahlen bedeutet dies: 900 Millionen Faltschachteln, 650 Millionen Beipackzettel, 40.000 Tonnen Karton. Realisiert wird dies im 3-Schicht-Betrieb und wenn erforderlich auch in vier Schichten. Hinzu kommen alle notwendigen Zertifizierungen wie ISO 9001, ISO 15378, ISO 22000 und ISO 15593.
Neben der technologischen Bandbreite wie Offsetdruck, UV-Offsetdruck, Flexodruck, Braille/Check, Folienheißdruck und der hohen Automatisierung schätzen die Kunden das Unternehmen in puncto Flexibilität, Lean Management und vor allem auch dessen Netzwerk und die Standortpolitik. Wenn es um schnelle Entscheidungen und professionelles Umsetzen geht, ist man beim Tennisenthusiasten Stephan Ratt und seinem Team genau richtig. Hier kommen wieder die Vorteile eines eigentümergeführten mittelständischen Unternehmens zum Ausdruck.

Highspeed Center mit Rapida 106
Vergangenes Jahr investierte man rund vier Millionen Euro in einen neuen Produktionsbereich, um noch flexibler auf Kundenwünsche eingehen zu können. Das hochautomatisierte Highspeed Center besteht aus einer KBA Rapida 106, einer Bobst Stanzanlage, einer Expertfold 110 Klebestraße von Bobst mit Cartonpack GT sowie einem Palettierungsroboter. Die Anlage ist die erste KBA-Maschine an diesem Standort. Stephan Ratt: „KBA hat bei unseren Tests im Jahr 2012 sehr gut abgeschnitten. Es musste dann noch interne Überzeugungsarbeit geleistet werden. Aber das hat sich relativ schnell dann zum Positiven gewendet, nachdem die Drucker gesehen haben, wie gut und komfortabel man mit der KBA Rapida produzieren kann."
Die Rapida 106 ist eine Sechsfarben-Anlage mit Lackturm und CX-Kartonausstattung. Angesichts der Geschwindigkeit von 18.000 Bogen/h ist sie um 67,5 cm hochgesetzt. Sie verfügt über eine vollautomatische Stapellogistik mit NonStop-Anleger und -Auslage, vollautomatischen Plattenwechsel FAPC, Inline-Farbmessung QualiTronic Color Control, QualiTronic Professional Inline-Bogeninspektion und CleanTronic Tuchwascheinrichtungen. Darüber hinaus kann sie alkoholfrei/reduziert drucken und verfügt über einen ErgoTronic-Leitstand mit Wallscreen. „Die Maschine läuft von Beginn an nahezu immer am Anschlag, sprich 18.000 Bogen/h", so Stephan Ratt. „Wir verarbeiten im Normalfall zwischen 300 und 500 m² Kartonagen pro Stunde. Unsere Rapida 106 hat sich als überaus stabil in der Produktion erwiesen, ich würde sogar sagen, sie ist hier konkurrenzlos", meint ein sichtlich zufriedener Stephan Ratt. Hinzu kommt, dass durch die Qualitätskontrolleinrichtungen in der Maschine die Produktqualität massiv zugenommen hat und dem Kunden gegenüber dokumentiert werden kann. „Wir sind der Meinung, dass wir mit der Investition in diese KBA-Maschine unsere Konkurrenzfähigkeit nochmals wesentlich gesteigert haben und wir damit jene Produktionsstabilität liefern können, die von den Großen der Branche gefordert wird", so Stephan Ratt.

Und morgen?
Rattpack will weiter wachsen, obwohl derzeit eher „Luftholen" angesagt ist. Das große Ziel ist die Umsatzmarke von 100 Mio. Euro. Damit würde man zu den Großen der Branche zählen. Rattpack versteht es glänzend, die Stärken eines mittelständischen Familienbetriebes mit den Anforderungen des Marktes zu kombinieren. Unter dem Strich erhält man ein professionelles und sympathisches Unternehmen, das dort sein will, wo andere noch nicht sind.
www.kba.com

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